Hallo Thomas!
Ich habe auch einen Nävus und kann die Situation von deinem Sohn sehr gut nachvollziehen. Wenn man sich wegen seines besonderen/andersartigen Aussehens ausgeschlossen fühlt und aus Angst bestimmte Situationen meidet und sich unwohl fühlt, kann das dazu führen, dass man sich auch einsam fühlt. Daher kann es sein, dass es für deinen Sohn toll ist, andere Kinder/Erwachsene mit Nävus zu sehen, und sei es nur auf einem Foto…falls ihr bei Facebook angemeldet seid, empfehle ich dort die Gruppe von Nevus Outreach, dem amerikanischen Nävus-Verein, da dort sehr viele Mitglieder angemeldet sind und man viele Fotos von Menschen mit Nävus sehen kann.
Außerdem gibt es eine spezielle Facebook-Gruppe für Teenager aus aller Welt, allerdings nur englischsprachig. Falls dein Sohn dort beitreten möchte, sag mir einfach Bescheid.
Du könntest mit deinem Sohn sprechen, was man tun kann, damit er sich beim Schulschwimmen wohler fühlt. Evt. kann man die Lehrer mit ins Boot nehmen, wenn dein Sohn nichts dagegen hat. Vielleicht darf er sich dann in einem anderen Raum umziehen oder etwas früher zum Umziehen gehen als die anderen. Außerdem können die Lehrer achten besonders auf eventuelle Hänseleien achten und einschreiten.
Es könnte auch hilfreich sein, im Vorfeld den anderen Schülern zu erklären, was ein Nävus ist…falls dein Sohn sich traut, könnte er ggf. selbst einen kleinen Vortrag über kongenitale melanozytäre Nävi halten. Damit würde man Tuscheleien den Wind aus den Segeln nehmen.
Mir haben meine Freunde immer sehr geholfen, wenn ich mal gehänselt wurde. Oft musste ich selbst gar nicht reagieren, weil eine meiner Freundinnen schon etwas zu der hänselnden Person gesagt hat...das hat sich immer gut angefühlt und mir sehr den Rücken gestärkt!
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Außerdem es gibt tolle Broschüren von Caring Matters Now, dem englischen Nävus-Verein:
http://www.caringmattersnow.co.uk/suppo ... iterature/
u.a. diese Broschüre für Eltern zum Umgang mit der Pubertät, wenn Kinder einen Nävus (CMN) haben:
http://www.caringmattersnow.co.uk/wp-co ... sguide.pdf
Ich habe ein paar Absätze daraus (frei) übersetzt:
U.a. steht dort, dass mit der Pubertät auch das Bewusstsein für die eigene „Andersartigkeit“ verstärkt werden kann und starken Einfluss auf das Selbstbewusstsein nehmen kann.
Es wird empfohlen, dass Kind /den Teenager zu ermutigen, offen über seine Gefühle und Ängste zu sprechen und diese als Erwachsener ernst zu nehmen.
Außerdem können Eltern ihr Kind bestärken, indem sie erklären, dass es normal ist, Ängste oder Zweifel zu haben und daran erinnern, dass vermutlich jeder in diesem Alter diese Gefühle kennt. Und man kann ansprechen, dass es „normal“ nicht gibt, jeder ist anders.
Eltern sollten positiv über das Äußere des eigenen Kindes sprechen/eingestellt sein: Selbstvertrauen und Selbstwert spielen eine wichtige Rolle in Bezug auf die Bewältigung von negativen Gefühlen. Negative Äußerungen der Kinder über ihr eigenes Aussehen sollte man mit positiven Äußerungen und Komplimenten begegnen, z.B. „Du hast ein tolles Lächeln“, „Du siehst toll aus in dem Outfit“, „Du hast so schöne Augen“ etc.
Man sollte wohlmeinende Aussagen wie „Keine Sorge, auf die inneren Werte kommt es an!“ vermeiden, da viele junge Leute mit Nävus das als abwertende Aussage über ihr Aussehen interpretieren, welches ihnen – wie jedem anderen auch – sehr wohl wichtig ist. Das Kind sollte spüren, dass sowohl die inneren als auch die äußeren Werte von den Eltern positiv wahrgenommen und beschrieben werden.
Das Selbstbewusstsein kann auch durch Äußerlichkeiten gestärkt werden, z.B. durch einen neuen Haarschnitt, die coolste Badehose etc.
Ein positives Selbstbild kann auch durch die Förderung von Aktivitäten und Interessen gestärkt werden, denn Talente und positive Eigenschaften stärken das Selbstbewusstsein. Daher ist es hilfreich, das Kind oft an seine Vorzüge und alles zu erinnern, worin es gut ist…tanzen, singen, kochen, Sport, etc.
Zum Umgang mit den Reaktionen anderer Leute wird Folgendes geschrieben:
1. Sicherstellen, dass das Kind etwas zu sagen hat
Man sollte sicherstellen, dass das Kind klare und zutreffende Informationen über den Nävus hat. Das hilft dem Kind dabei, ein Repertoire von Antwortsätzen zu entwickeln, die es verwenden kann, wenn jemand nach den Muttermalen/dem Nävus fragt, z.B.: „Ich wurde mit einem (Riesen-)Muttermal/Nävus geboren. Es ist nichts Dramatisches und es tut nicht weh.“ Bei Bedarf kann man auch einige Sätze mit dem Kind zuhause einüben. Das Kind muss nicht auf die Reaktion anderer warten, es kann auch selbst die Initiative ergreifen und sagen, „ich habe gesehen, dass du mein Muttermal bemerkt hast. Es tut überhaupt nicht weh.“ Und dann evt. mit einer eigenen Frage abschließen, die nichts mit dem Nävus zu tun hat, z.B. „Bist du heute auch vom 3m-Brett gesprungen?“
2. Vorbildfunktion
Eltern dienen ihren Kindern als Vorbilder, nicht nur bezogen auf das, was man sagt, sondern auch darauf, wie man etwas sagt. Indem die Eltern in entspannter, selbstbewusster und lockerer Weise reagieren, geben sie das beste Vorbild für ihr Kind ab und können ihm so Handwerkszeug für soziale Interaktionen mitgeben.
3. Rückversichern
Eltern sollten versuchen, ihrem Kind zu versichern, dass einer der Hauptgründe für die Blicke anderer Leute ist, dass diese mit ihm kommunizieren wollen. Es ist ein natürlicher Bestandteil der Kommunikation, dass man sein Gegenüber anschaut.
Es kann sein, dass Blicke als unangenehm wahrgenommen werden, besonders, wenn man sich selbst mit seinem Aussehen nicht wohlfühlt. Aber es ist wichtig zu erklären, dass Menschen von Natur aus neugierig sind und wir uns alle umschauen und mehr über etwas erfahren möchten, was neu für uns ist.
4. Umgang mit Unhöflichkeit
Einige Leute sind unhöflich, stellen Vermutungen an oder wissen nicht, wie man angemessen auf ein ungewöhnliches Aussehen reagiert. Eltern sollten dem Kind zeigen, wie man in diesen Fällen bestimmt reagiert. Ein Weg, der dem Kind ermöglicht, auf eine selbstbewusstseinsfördernde Weise mit Unhöflichkeit umzugehen, liegt darin, dass das Kind in die Lage versetzt wird, zu sagen, was es fühlt und möchte, ohne böse oder ausfallend zu werden.
Es könnte sagen:
• Ich habe einen Nävus, das ist ein Muttermal. Ich sehe vielleicht anders aus, aber ich kann hören und was du gesagt hast, ist sehr verletzend.
• Ich mag es nicht, wenn Leute starren/glotzen. Wenn du neugierig bist, sag lieber Hallo oder stell mir eine Frage.
Es ist auch okay, wenn es einfach weggeht und (in der Schule) zu einem Lehrer geht.
5. Falls alles zu viel wird
Es wird Zeiten geben, in denen das Kind keine Lust hat, anderen zu antworten/auf andere zu reagieren. Eltern sollten es wissen lassen, dass das auch okay ist. Das Kind ist nicht dazu verpflichtet, jedesmal etwas zu erklären, wenn es nicht möchte. Manchmal ist es wichtiger für das Kind (und für die Eltern) etwas anderes zu tun, um sich zu beruhigen und zu entspannen.
In diesen Momenten kann es dem Kind helfen, an Erfahrungen zu denken, die positiv waren und gut gelaufen sind und zu versuchen, sich positive Aussagen zu überlegen, die es zu sich selbst sagen kann, um gegen negative Gedanken anzugehen, wenn es neue Leute kennenlernt.
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Viele Grüße & niemals den Spaß am Schwimmen verderben lassen,
Juliane